Das Spitzmaulnashorn

Das Spitzmaulnashorn

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»Zwei Tonnen Lebendgewicht und Horndolche wie aus der Dinosaurierzeit, das alles auf vier Säulenbeinen, die den Koloss in federndem Trab schneller als einen 100-Meter-Läufer sprinten lassen: Das sind die Markenzeichen eines Tieres, das oft als Symbol für Urkraft und Wehrhaftigkeit gilt.« (vgl. Rettet die Nashörner e.V.)

Seit 60 Millionen Jahren leben auf der Erde Nashörner. Das bekannteste prähistorische Nashorn war das Wollnashorn, welches während der Eiszeit in Europa verbreitet war. Seinen Namen verdankte es seinem dichtem, wolligen Fell. Doch von den 170 Arten, die auch in nördlichen Regionen, in Europa und dem nördlichen Asien und Amerika zu Hause waren, sind nur fünf erhalten geblieben.

Die älteste und zugleich kleinste Nashornart ist das Sumatra-Nashorn aus Südostasien, das scheue Java-Nashorn lebt in Vietnam und ernährt sich hauptsächlich von Früchten. Das größte Nashorn Asiens ist das Panzernashorn, mit den markanten, dicken Hautlappen. In Afrika haben 2 Arten überlebt: Das Breitmaulnashorn, auch weißes Nashorn genannt, der größte Landsäuger nach den Elefanten, und das etwas kleinere Spitzmaulnashorn, auch schwarzes Nashorn.

Das Spitzmaulnashorn oder Schwarzes Nashorn (Diceros bicornis)
afrikaans: Swartrenoster | engl.: Black Rhinceros o. Hook-Lipped Rhinceros | franz.: Rhincéros noir | kisuaheli: Faru

Etymologie

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Spitzmaulnashorn als einzige in Europa bekannte Nashornart von diesem Kontinent als »Afrikanisches Nashorn« bezeichnet. Der britische Naturforscher William John Burchell (1782–1863) entdeckte im Jahr 1812 in Südafrika das Breitmaulnashorn und bezeichnete es als Rhinoceros simus, ohne den Namen zu übersetzen. In Südafrika erlegten englische Jäger Ende des 18. Jahrhunderts ebenfalls mehrere Exemplare des ihnen damals unbekannten Breitmaulnashorns und bezeichneten es als »white«, und damit war nicht die Hautfarbe gemeint. Die häufigste Theorie, warum sie als weiß bezeichnet wurden, ist die einer Fehlübersetzung des Begriffes »wijd« oder »wyd« aus dem Afrikaans, wo dies »breit« bedeutet, aber mit dem ähnlich klingenden »white« also »weiß« übersetzt wurde. Als Gegenstück dazu entstand der Begriff »Schwarzes Nashorn« für das Spitzmaulnashorn, es leitet sich vom Englischen »black rhinoceros« ab. Eine andere häufige Theorie ist auch, dass der Name wegen des meist dunkeln Schlammes entstanden ist, in dem sich das Spitzmaulnashorn gern wälzt. Da der Schlamm im Lebensraum der Breitmaulnashörner sehr kalkhaltig ist werden diese gern als weiße Nashörner bezeichnet. In sauberem Zustand besitzen beide jedoch dieselbe graue Farbe.

Erstmals verwendet wurden die Bezeichnungen »schwarzes Nashorn« und »weißes Nashorn« zur Unterscheidung von Spitz- und Breitmaulnashorn 1838.

Allgemein

Das Spitzmaulnashorn oder Schwarze Nashorn (Diceros bicornis) ist eine Säugetierart aus der Familie der Nashörner (Rhinocerotidae). Sein nächster Verwandter ist das Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum), wovon es sich vor allem durch die fingerförmige spitze Oberlippe – daher auch sein Name –, mit der das Spitzmaulnashorn Blätter und Zweige von Büschen zupft, unterscheidet.

Es erreicht eine Länge von bis zu 3,5 m, dazu kommt der Schwanz mit bis zu 70 cm. Die Schulterhöhe beträgt um die 1,6 m bei einem Gewicht von bis zu 1,4 t bei den männlichen und 900 kg bei den weiblichen Tieren.

Markantestes Kennzeichen des Spitzmaulnashornes sind seine beiden Hörner, die aus Keratin bestehen. Das größere, vordere Nasalhorn wird im Durchschnitt 50 cm, in seltenen Fällen über 1 m lang. Das längste jemals dokumentierte Horn maß 138 cm. Das hintere wird Frontalhorn genannt und sitzt auf der Stirn. Es ist kleiner, kann aber auch bis zu 50 cm lang sein. Bullen haben meist sehr klobige, breite Hörner, Kühe wesentlich schmalere, sie haben im höheren Alter häufig ein größeres Frontalhorn. Die Hörner wachsen lebenslänglich bis zu 0,7 cm im Monat, durch Abrieb am Untergrund, Baumstämmen oder Felsen kann sich das effektive Wachstum in sehr aktiven Zeiten jedoch auf ca. 0,2 cm pro Monat reduzieren.

Verbreitung und Lebensraum

Einst war das Spitzmaulnashorn viel weiter als das Breitmaulnashorn über große Teile des afrikanischen Kontinents südlich der Sahara verbreitet. Das Spitzmaulnashorn lebt in der Übergangslandschaft zwischen der trockenen Savanne und dem Hochwald in Ost- und Südafrika.
Es ist auf offene Wasserstellen angewiesen, wo es sich im Schlamm wälzen kann, um sich vor Insekten zu schützen und kleine Wunden zu verschließen. Die Schlammbäder dienen auch der Abkühlung, da Nashörner keine Schweißdrüsen haben und es durch die hohe Masse bei geringer Oberfläche schnell zur Überhitzung kommt. Nur in der Trockenzeit nehmen sie mit Staubbädern vorlieb.
Auch wenn die Spitzmaulnashörner das trockenen Buschland, die Dornbuschsavannen mit viel Gehölzpflanzen und krautartiger Vegetation vorziehen, findet man sie sogar in nebelfeuchten Bergwäldern, in Höhen bis zu 3.500 Metern, in Waldlandschaften oder Savannen – selbst in Halbwüsten oder subalpinen Heidelandschaften, wie z.B. in der Namib oder im Kaokofeld Namibias. Nur in den feuchten, heißen Regenwäldern sieht man sie nie. In Gebieten mit reicher Vegetation und einem hohen Nahrungsangebot kann bis zu ein Tier pro Quadratkilometer vorkommen, während in Halbwüsten wie Kunene in Namibia nur ein Tier auf 100 Quadratkilometer kommt.

Heute existieren vier anerkannte Unterarten des Spitzmaulnashorns, deren regionale Verbreitung stark begrenzt ist. Die östliche Unterart (D. b. michaeli) lebt heute in Kenia und Tansania, während die südwestliche (D. b. bicornis) weitgehend auf Namibia beschränkt ist, einige Individuen aber auch nach Südafrika wechseln. Das Südzentralafrikanische Spitzmaulnashorn (D. b. minor) ist heute die häufigste Unterart und kommt vor allem in Südafrika, Simbabwe, Swasiland und teilweise auch im südlichen Tansania vor. Einige Tiere aus Südafrika wurden in Sambia, Ruanda, Botswana und Malawi wieder eingeführt, nachdem sie dort bereits ausgerottet waren. Die Unterart des westlichen Spitzmaulnashorns (D. b. longipes) ist nur in Kamerun verbreitet, und ist möglicherweise neueren Berichten zufolge ausgestorben. Das letzte Exemplar dieser Unterart wurde 1996 beobachtet.

Wie alle Nashörner ist das Spitzmaulnashorn ein Einzelgänger. Vor allem die dominanten Bullen halten ein festes Revier, in dem sie alleine umherziehen, während sich bei Kühen die Territorialränder überlappen können. Diese Reviertreue bedeutet aber auch, dass sie nach einer örtlichen Ausrottung diese Reviere nicht wieder neu besetzen und bei schlechter werdenden Umweltbedingungen keine Abwanderungen in günstigere Lebensräume zur Arterhaltung, stattfinden. Das Spitzmaulnashorn markiert sein Revier, indem es Urin gezielt an Büsche und Felsen spritzt, Bullen wesentlich häufiger als Kühe. Sie verteilen ihren Dung an die Revierränder und scharren es zu länglichen Grenzmarkierungen oder produzieren Kothaufen. Der Haufen ist umso größer, je dominanter der Bulle ist.

Innerhalb ihrer großen Reviere, die abhängig vom Nahrungs- und Wasserangebot zwischen 6 und 40 km² umfassen, streifen sie sehr weit umher, legen zwischen Nahrungsplätzen und Wasserstellen 10 bis 25 km zurück. Die Pfade, auf denen sie wandern, werden regelmäßig genutzt, und sind etwa 45 cm breit. Diese Wechsel folgen nicht so streng den topographischen Gegebenheiten, wie etwa die der Elefanten, und steigen daher oft steil an.

Ernährungsweise

Spitzmaulnashörner ernähren sich von Pflanzen. Zu ihrer Nahrung gehören Zweige, Blätter und die Rinde von Bäumen und Büschen, aber auch Dornen. Die Oberlippe des Spitzmaulnashorns ist wie ein Greiforgan, mit dem es wie mit einem Finger Nahrung abreißt. Dadurch entstehen typische Bissmuster, die sich von anderen Pflanzenfressern durch einen geraden Schnitt abheben. Die verschiedenen Akazienarten machen gut ein Drittel der Nahrungsgrundlage aus, abhängig von Landschafts- und Klimabedingungen gibt es jedoch mehr als 100 Pflanzenarten, die von Nashörnern gegessen werden: die wichtigsten sind Tambothi (Spirostachys africana), Kapern (Capparis) und Hibiskus (Hibiscus). Grasen dient eher der Suche nach Kräutern, nur bei Nahrungsknappheit frisst das Spitzmaulnashorn auch größere Mengen Gras.

Wasser trinkt ein Spitzmaulnashorn meist täglich, wobei es stehende Gewässer bevorzugt oder sich bei Trockenheit Wasserquellen mit den Füßen freischarrt. In sehr trockenen Gegenden, wie etwa Halbwüsten, deckt es seinen Wasserbedarf zum Teil durch die Aufnahme von flüssigkeitsreichen Pflanzen. Es kann auch mehrere Tage ohne Wasser auskommen, doch in längeren Dürrezeiten sterben die Tiere.

Sinne und Motorik

Das Spitzmaulnashorn hat eine recht umfangreiche Palette an Lautäußerungen. Die Tiere geben grunzende, brummende, auch leise, kurze schweineähnliche Quieklaute von sich, am häufigsten jedoch hört man ein sich drei bis viermal wiederholendes, prustendes Schnauben, das es bei Beunruhigung und vor einem Angriff ausstößt. Ein hohes Jaulen oder Pfeifen benutzt es allgemein bei Schmerzen und Leiden, oder Kälber, um das Muttertier auf sich aufmerksam zu machen, aber auch paarungsbereite Bullen gegenüber einer Kuh. Ein seufzender Laut dient dem Muttertier dazu, das Kalb zu rufen oder wird bei freudiger Erwartung ausgestoßen.

Das Spitzmaulnashorn ist hauptsächlich in der Dämmerung und nachts aktiv. Man kann Spitzmaulnashörner vor allem in den frühen Morgenstunden oder abends beobachten, wenn sie sich auf Nahrungs- oder Wassersuche befinden. Tagsüber ruht oder schläft es im Schatten unter Bäumen oder nimmt Schlammbäder. Gerne suhlen sie sich auch oder wälzen sich im Staub.

Trotz ihrer gewaltigen Masse sind Spitzmaulnashörner sehr beweglich und flink, können sich beispielsweise auf der Stelle drehen. Die häufigste zu beobachtende Gangart ist ein rascher Schritt oder Trab. Wird es aufgeschreckt oder gestört, reagiert es schnell und versucht die Quelle ausfindig zu machen, doch das ist oft schwierig, denn wie alle Nashörner hat auch das Spitzmaulnashorn ein schlechtes Sehvermögen, das nicht weiter als bis 30 m reicht. Erst auf kürzerer Distanz werden Bewegungen deutlicher wahrgenommen, dafür sind der Hör- und Geruchssinn sehr gut ausgeprägt. Meist läuft es in Drohhaltung mit erhobenem Kopf und aufgerichtetem Schwanz in die Richtung des Ursprungs. Auf der Flucht fallen sie in einen lebhaften Trab, und bei Angriffen gehen sie in vollen Galopp über. Ein aggressives oder wütendes Spitzmaulnashorn erreicht Geschwindigkeiten von über 50 km/h. Den Kopf stark gesenkt, so dass die Hörner als Waffe eingesetzt werden können, kann das Tier dabei die Richtung sehr schnell ändern und überrennt auch Hindernisse, wie beispielsweise Büsche.

Fortpflanzung

Das Kalb bleibt sehr lange mit der Mutter zusammen, so dass man manchmal auch ein Muttertier mit zwei Kälbern antreffen kann, einem jungen, und einem halbwüchsigen.

Männliche und weibliche Spitzmaulnashörner finden nur wenige Tage während der Paarungszeit zueinander. Dann findet man vorübergehend auch Gruppen von bis zu fünf Tieren, Herden bilden sich jedoch nicht. Es gibt keine festgelegte Paarungszeit, jedoch finden die meisten Paarungen in der Regenzeit (Oktober bis Dezember) statt. Dann sind Bullen äußerst aggressiv gegenüber anderen Bullen oder älteren Jungtieren, es kommt zu Kämpfen mit oft sogar tödlichem Ausgang.

Bullen sind mit vier bis sechs Jahren geschlechtsreif, Kühe mit 3–4, sie bekommen mit sieben bis acht Jahren ihr erstes Kalb, danach etwa alle zwei bis drei Jahre, abhängig vom Alter und Ernährungszustand der einzelnen Tiere. Die Tragzeit dauert 15, unter Umständen auch bis zu 18 Monate. Für die Geburt sucht das Muttertier eine abgelegene, meist buschige Region auf. Das ältere Geschwisterkalb wird fortgejagt und begibt sich manchmal in die Obhut anderer Kühe. Das einzige Jungtier wiegt bei Geburt 25 bis 40 kg, ist etwa einen halben Meter hoch, und kann bereits nach drei Stunden laufen. 2 Jahre lang wird es gesäugt und bleibt auch danach bei der Mutter, die es gegen jede potenzielle Gefahr verteidigt. Das Kalb wird während dieser Zeit in höherem Gebüsch versteckt, und das Muttertier verlässt es meist nur zum Aufsuchen einer Wasserstelle. Nach bis zu acht Monaten erlaubt das Muttertier auch die Rückkehr des verstoßenen älteren Kalbes. Männliche Jungbullen verlassen das Muttertier erst mit sechs oder sieben Jahren. Die Lebensdauer eines Spitzmaulnashorns kann 45 Jahre betragen, wobei Bullen durch aggressive Kämpfe häufig früher sterben. Kühe erreichen oft ein hohes Alter.

Gefahren für den Menschen

Spitzmaulnashörner sind zwar deutlich aggressiver als ihre Verwandten, die Breitmaulnashörner, doch die Gefährlichkeit von Nashörnern ist meistens sehr übertrieben dargestellt worden. Ein nahender Mensch wird über den Geruchssinn wahrgenommen, wobei in den meisten Fällen das Nashorn die Flucht ergreift. Nur wenn der Wind ungünstig steht und das Nashorn überrascht wird, greift es an. Sein Verhalten gilt allgemein als unvorhersagbar, so dass es auch bei scheinbar friedlichen Tieren zu plötzlichen Angriffen kommen kann. Flieht der Mensch, dreht das Nashorn gelegentlich noch ab. Wenn es allerdings den Angriff zu Ende führt, kann es einen Menschen mit dem Horn hochschleudern und ihm dabei schwere Verletzungen zufügen.

Text-Quellen: Wikipedia, WWF, Website IUCN (International Union for Conservation of Nature), www.naturlexikon.com, www.traffic.org, www.cites.org